Am Samstag veranstaltet die neonazistische Kommunalwahlliste „Bürgerinitiative Ausländerstopp München“ (BIA) wieder eine Kundgebungsserie. Die einzelnen Versammlungen wurden von Karl Richter (NPD, München) und Vanessa Becker („Freies Netz Süd“, München) unter dem Titel „Gegen Asylmissbrauch und Ausländerkriminalität – tut endlich was!“ für sechs Orte in verschiedenen Stadtteilen angemeldet.
Kurz nach 10.45 Uhr kommt eine einstellige Anzahl Neonazis in einem schwarzen Mercedes Sprinter am ersten Kundgebungsort an, der Kreuzung Vesaliusstr./Lautenschlägerstr. in Allach. Das Fahrzeug, das den ganzen Tag vom neonazistischen Multifunktionär Roland Wuttke (Mering) gefahren wird, haben sie mit den „BIA …im Rathaus“-Magnetschildern beklebt.
Vor Ort sind neben Richter und Becker die oberbayerischen „Freies Netz Süd“ und BIA-Aktivisten Karl-Heinz Statzberger und Matthias Häuslmann anwesend. Benjamin H. hält das bekannte BIA-Transparent „Gegen Überfremdung und Ausländerkriminalität“. Der Neonazi, der eine Mütze der „Kameradschaft Berchtesgadener Land“ trägt, nennt sich im sozialen Netzwerk Facebook „Endlöser“.
Vanessa Becker, die bei der Kommunalwahl 2014 hinter Karl Richter auf der BIA-Liste kandidieren will, beklagt in ihrer abgelesenen, kurzen Rede, dass man nicht mehr „Negerkuss“ sagen dürfe und „dass Zigeunerschnitzel nur als Paprikasoße benannt werden soll (…) Also wer sich da nicht an den Kopf langt und nicht anfängt zu hinterfragen, inwieweit wir unsere Kultur und Bräuche noch zerstören lassen wollen, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.“
Am Schluss fordert Becker in klassisch neonazistischem Duktus: „Habt den Mut und stellt euch der Überfremdung und dem drohenden Volkstod, wählt am 16. März die Bürgerinitiative Ausländerstopp.“ Adressat_innen für diesen Aufruf erreicht Becker in Allach nicht. Mehrere Dutzend Nazigegner_innen sorgen für ziemlichen Lärm, so dass die Reden außerhalb des vom USK abgeriegelten Bereichs nicht zu verstehen sind.
Karl Richter beginnt seinen Beitrag mit: „Wir haben Ihnen ja vor wenigen Wochen versprochen, wir würden bald wiederkommen.“ Als „gewählter Stadtrat“ führe er seit fast sechs Jahren einen politischen Kampf im Rathaus „alleine gegen die Mafia“. Im Münchner Stadtrat würden alle, was „Asyl- und Zuwanderungspolitik“ angeht, „am gleichen inländerfeindlichen Strick ziehen“. Der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende aus Bogenhausen sagt: „Selbstverständlich gehört jeder, der in Deutschland eingewandert ist und hier straffällig wird, der gehört in das nächste Flugzeug gesetzt und schnurstracks dorthin wieder zurück auf den Weg geschickt, wo er herkommt“.
Und Richter legt weiter los: „Wo kommen wir denn hier, wenn wir auch noch ausländische Straftäter, die in unserem Land nicht das geringste zu suchen haben, durchpäppeln, damit sie sich hier einen feinen Lenz machen.“ Dann spricht er noch über das ZIE-M, das laut Richter „völlig überflüssige islamische Großzentrum“. Denn, so Richter, „dann wird künftig eben auch der Muezzin fünfmal am Tag über den Marienplatz und die Fußgängerzone plärren“. Die BIA würde dafür eintreten, „dass München auch von der Optik her, von der inneren Mischung her, auch im 21. Jahrhundert eine deutsche, eine abendländisch-europäisch geprägte Stadt ist“.
Nachdem die Neonazis die Hornlautsprecher wieder vom Fahrzeug abbauen, fahren sie um 11.25 Uhr unter großem Polizeischutz wieder ab. Am Herzog-Ernst-Platz angekommen, bauen sie mithilfe einer Holzleiter die Tonanlage wieder auf das Fahrzeugdach. Vanessa Becker liest erneut die selbe Rede ab und Karl Richter variiert seine Rede nur leicht.
Kurz nach halb ein Uhr verlassen die Neonazis wieder Sendling. Von 13.00 bis 13.35 Uhr versammeln sich die Neonazis auf dem Rotkreuzplatz, mittlerweile hat sich u.a. ein weiterer FNS-Aktivist dazugesellt. Hier stehen ihnen Dutzende Antifaschist_innen gegenüber, die jeweiligen Reden, die Becker wieder abliest und Richter diesmal gegen „Zigeuner“ improvisiert, gehen im Protestlärm unter.
Bei der nächsten Station, dem Josephsplatz in der Maxvorstadt, lässt die Abriegelung der Polizei dann von 14.15 bis 14.45 Uhr keinen größeren, direkten Protest gegen das Nazigrüppchen zu. Mitten in der derzeitigen Großbaustelle erreichen die Neonazis jedoch so gut wie keine Öffentlichkeit.
Ab 15.05 Uhr (Anmeldung eigentlich: 15.15 Uhr) stellen sich die Neonazis mit ihrem rasssistischen Transparent dann am Rosenheimer Platz auf.
Vanessa Becker liest erneut ihre Rede ab. Matthias Häuslmann fotografiert Medienvertreter_innen und Protestpublikum. Karl Richter redet über eine „Völkerwanderung aus Bulgarien und Rumänien“. Schließlich hetzt Karl Richter gegen „Roma und Sinti“, man habe vergessen, ihnen zu sagen, „dass man nicht in die Treppenhäuser scheißt“. Zu diesem Zeitpunkt haben sich allerdings wieder viele Nazigegner_innen versammelt, die die Kundgebung ausbuhen und Richters Rede in „Halts Maul“- und „Haut ab“-Parolen völlig untergehen lassen.
Die Neonazis fahren auch bereits kurz nach 15.30 Uhr (Ende laut Anmeldung: 15.45 Uhr) zum nächsten Ort.
Auch am Goetheplatz, wo sich die Neonazis abschließend am Taxistand versammeln, beginnen die Neonazis (ohne Konsequenzen) ihre Kundgebung zu früh. Nach den nun schon bekannten kurzen Redebeiträgen von Becker und Richter endet die Versammlung gegen 16.20 Uhr.