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6./7. April 2017 Missionierung Geflüchteter

Am Donnerstag und Freitag, 6. bzw. 7. April 2017 tauchen vor der Gemeinschaftsunterkunft Ottobrunnerstr. 28h in München-Perlach einmal zehn, anderntags fünf AktivistInnen des Vereins „Elija21-Christliches Missionswerk e.V.“ auf. Diese Personen sprechen alle BewohnerInnen, die die Unterkunft betreten oder verlassen wollen an und versuchen diese zu einem Abendessen und einer Filmvorführung in einer nahegelegenen katholischen Pfarrgemeinde zu überreden. Am Donnerstag betreten sie dabei auch das Gelände, was dann auf Bitten der Leitung der Sozialberatung vor Ort von der Hausverwaltung durch Aussprechen eines Haus- und Geländeverbotes unterbunden wird.

Doch auch am Freitag versucht eine Aktivistin auf dem Areal der Unterkunft ein paar junge Männer anzusprechen, bevor sie wieder von der Hausverwaltung vor den Eingang geschickt wird. Die Missionare geben sich dabei zum Teil nicht als Mitglieder ihres Vereins zu erkennen, sondern behaupten von einer benachbarten Pfarrei  zu kommen, was nur insoweit stimmt als dass sie dort Unterschlupf gefunden haben, um ihre Veranstaltungen durchzuführen. Am Freitagabend gegen 19 Uhr fährt dann ein Bus vor der Gemeinschaftsunterkunft vor, um die BewohnerInnen abzuholen, die Interesse an Abendessen und Filmvorführung gezeigt hatten. Laut Augenzeugen befinden sich schließlich insgesamt ca. 15 Personen in dem Bus, wobei unklar blieb wie viele davon von „Elija21“ und aus anderen Unterkünften stammen.

„Jesus4Refugees“ heißt das Projekt des Vereins „Elijah21“, welches sich an Menschen muslimischen Glaubens richtet, und die Mission lautet:

„allen Flüchtlingen in Deutschland die frohe Botschaft von Jesus Christus zu bringen. Deshalb veranstalten wir Abende, wo wir mit ihnen Zeit verbringen, gemeinsam essen und ihnen den Jesusfilm in ihrer jeweiligen Landessprache zeigen.“

Ein Werbefilm der Organisation macht sehr deutlich, dass sich die Missionare die schwierigen Lebensumstände und Fluchterfahrungen der Menschen zu Nutze machen wollen für ihre Bekehrungen. In dem Film heißt es:

„Die Gedanken von Furcht getrieben, die Schritte von Traumata beschleunigt, ihre Füße wundgerieben. Sie fliehen vor Krieg, Unterdrückung und Dogmen in ein unbekanntes Land. Ein Land der Hoffnung auf Liebe, auf Frieden, auf Freiheit. Diese Völkerwanderung schafft eine historische Möglichkeit das Evangelium zu verkünden.“

Um die aktuellen Bedarfe, Probleme und Perspektiven der Geflüchteten hier in München oder Deutschland geht es wenn überhaupt nur in zweiter Linie. In den von „Elijah21“ formulierten Zielen ihres Projektes ist davon jedenfalls nicht die Rede:

„Verkündigung des Evangeliums unter Flüchtlingen
Verbindung und Netzwerkaufbau durch Befähigung und Unterstützung von Gemeinden, um selbst in der Verkündigung unter Flüchtlingen aktiv zu werden
Erfahrungsaustausch
Ermutigung durch Zeugnisse“

Ein sogenanntes „Starterpaket“ gibt präzise Auskunft und Anleitung wie die Missionierungsveranstaltungen vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden sollen . Neben der mit dem Projekt verbundenen Vision, gibt es eine Projektbeschreibung, Begleitinformationen, Handwerkszeug (Material- und Linkliste) und einen zehnseitigen detaillierten Ablaufplan. Der Ablaufplan unterteilt die jeweilige Veranstaltung in unterschiedliche Phasen und zeigt eine generalstabsmäßige Vorbereitung.

In „Phase 1: Vorbereitung“ wird eine Partnergemeinde in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft gesucht. In dieser soll dann die Veranstaltung stattfinden. Dafür wird geprüft welche räumlichen und technischen Verhältnisse vor Ort bestehen. Dann werden zur Unterstützung Christen mit muslimischen Hintergrund gesucht und ihnen das Projekt erläutert. Weitere UnterstützerInnen werden gesucht (z.B. Gebetsteams) und unter dem Punkt Sicherheit ein „Lagebild vor Ort erstell[t]“. Checklisten werden angefertigt, ein Bus gebucht, Essen und Getränke eingekauft, Einladungskarten ausgedruckt und laminiert. Es wird darauf hingewiesen nichts Schriftliches aus der Hand zu geben.

„Phase 2 Durchführung“ ist noch einmal unterteilt in die „Phase 2.1. Tag der Einladung“ und „Phase 2.2 Filmtag“. In „Phase 2.1“ treffen sich die „Evangelisten“ zur Absprache und Vorbereitung der Veranstaltung und gehen dann zur Geflüchtetenunterkunft um die Menschen zu ihrer Veranstaltung einzuladen. Das sogenannte „Einladungsteam“ lädt nur mündlich ein, der Ort der Veranstaltung wird nicht genannt, nur die Abfahrtszeit des Busses. „Phase 2.2 Filmtag“ ist dann die eigentliche Veranstaltung. Nach den Vorbereitungen für das Essensbuffet und der Technik für die Filmvorführung fahren einige AktivistInnen zu den Unterkünften um die interessierten Menschen mit dem Bus abzuholen. Während der Fahrt wird den Geflüchteten erklärt man fahre zu einem heiligen Ort, deshalb dürften keine Handy und Aufnahmegeräte benutzt und keine Fotos gemacht werden. Am Veranstaltungsort werden die Menschen begrüßt (Hinweis im Ablaufplan: „Frauen höfliches aber dennoch dezentes Verhalten“) und bekommen dann etwas zu Essen. Nach Möglichkeit wird der „Jesusfilm“ gleichzeitigt in mehreren Räumen in verschiedenen Sprachen gezeigt. Anschließend erhalten die Teilnehmenden eine Ausgabe des „Neuen Testaments“ und an einem Büchertisch weiteres Material. Nach einer herzlichen Verabschiedung werden die Gäste wieder in die Unterkünfte gefahren. Zum Abschluss gibt es für die AktivistInnen eine Nachbereitung und in „Phase 3“ werden die Veranstaltung und ihre Wirkung evaluiert.

„Elijah21“ scheint sich darüber klar zu sein, dass die Vereinspraktiken nicht nur auf Zustimmung stoßen. So gibt es auch Verhaltensanweisungen für Gefahrensituationen und da heißt es u.a.:

„Besonders zu schützen sind: 1. Konvertiten 2. Frauen und Mädchen 3. Geistliche 4. Kinder. Es gilt bei allem der Grundsatz: ‚SO HERZLICH WIE MÖGLICH, SO STRENG WIE NÖTIG‘“ (Großbuchstaben im Original)

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