Die Vollversammlung des Stadtrats fällt heute auf den internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Als sich die Stadträt_innen zum Gedenken erheben, bleibt Karl Richter („Bürgerinitiative Ausländerstopp“/BIA, NPD) demonstrativ sitzen.
In der Sitzung geht es u. a. um Kostenabrechnungen des Sozialreferats für die Unterbringung minderjähriger Geflüchteter. Richter hält eine Rede, in der er u. a. Flüchtlinge mit Kriminellen gleichsetzt. Dazu applaudieren seine Begleiter_innen und machen zustimmende Zwischenrufe von der Besucher_innentribüne. Beifalls- oder Missfallenskundgebungen sind Zuschauer_innen der Stadtratssitzung untersagt, trotz Ermahnung durch Oberbügermeister Dieter Reiter machen die Frauen auf der Empore jedoch weiter. Ordner und Polizeibeamte der Polizeiinspektion 11 nehmen die neonazistische Aktivistin Sigrid Schüßler (Laufach), die nun u. a. „Sie zerstören die Gesellschaft“ und „Wir leben in einer Diktatur“ schreit, schließlich mit auf die Wache. Der Oberbürgermeister stellt gegen Schüßler Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs.
Karl Richter schreibt auf seinem öffentlichen Facebook-Profil im Nachheinein über die Eskalation durch seine Begleiterinnen: „Daraufhin platzte Sigrid Schüßler, die zusammen mit Petra K. und Ester Seitz die Sitzung von der Zuhörertribüne des Rathauses aus verfolgte, der Kragen“. In reichlich großspurigem Ton bläst Richter die schlichte Sitzungsstörung zu einer widerständigen Tat auf: „Sigrid werde ich ihren kämpferischen Auftritt nie vergessen. Wenn er dazu beiträgt, dem hiesigen Regime und seinen Methoden vor der Weltöffentlichkeit die Maske vom Gesicht zu reißen, war er nicht umsonst“.
Auch Ester Seitz (Neumarkt) veröffentlicht im Nachhinein einen Facebook-Post: Zu einem Bild von ihr, Karl Richter und Sigrid Schüßler schreibt sie: „Ich war gestern mit zwei absolut heldenhaften Mitstreitern unterwegs…ziviler Ungehorsam, kreativer Protest, spontaner Widerstand gegen den kollektiven Wahnsinn“.