Obwohl sich in den vergangenen fünf Jahren in zahlreichen Städten AfD-nahe Hochschulgruppen, meist unter dem Namen Campus Alternative (CA), gegründet haben, hat die AfD an den Universitäten bisher nicht Fuß fassen können. Ab 2016 versuchten Akteure in München rechte Positionen in die örtlichen Hochschulen hineinzutragen. Bis jetzt blieb der Versuch, die extrem rechte Partei an den Hochschulen zu etablieren und damit neue Mitglieder für die Partei zu rekrutieren, allerdings weitgehend erfolglos. Über Burschenschaften sind extrem rechte Akteure auch in München an den Universitäten dennoch politisch aktiv.
Die CA ist eine Hochschulgruppe (HSG), also ein Studierendenverband, welcher der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) nahe steht, jedoch formal unabhängig ist. Erste AfD-nahe Hochschulgruppen gründeten sich bereits 2013. Zwischen April 2013 und Dezember 2016 wurden an 26 Standorten solche Studierendenvereinigungen gegründet. In Bayern entstand im Jahr 2015 erstmals eine Vertretung der Campus Alternative an der Universität Bayreuth. Mit der Zeit verfügte die CA in Bayern über weitere Ableger in Augsburg (Universität Augsburg), München (Technische Universität und Ludwig-Maximilians-Universität), Passau (Universität Passau) und Würzburg (Julius-Maximilians Universität).
Aktuell tritt die Campus Alternative bundesweit in keiner Stadt, außer in Halle, mehr öffentlich auf oder ihre lokalen Gruppen haben sich, so wie in Passau, offiziell aufgelöst. Nur im Studierendenrat der Martin-Luther Universität in Halle sitzt Christoper Lehmann. Die Gruppen haben meist ihre Aktivität zwischen 2016 und 2018 wieder eingestellt. Die Campus Alternative war in folgenden Städten aktiv oder hatte zumindest eine entsprechende Internetpräsenz:
Bayreuth, Augsburg, Würzburg, Passau, München, Düsseldorf, Frankfurt, Halle, Magdeburg, Mittweida, Göttingen, Kiel, Berlin, Münster, Paderborn, Erfurt, Jena, Kassel und an der Fernuniversität Hagen.
Nicht nur unter dem Label der Campus Alternative sind Gruppen an Universitäten AfD-nah aufgetreten: In Göttingen, Erfurt oder Kassel sind sie als die Junge Alternative-Hochschulgruppe in Erscheinung getreten, in Münster und Mittweida unter dem Namen „AfD-Hochschulgruppe“, in Jena als „Freimut“ und in Kiel als „Bund Freiheitlicher Studenten“. Laut einem Artikel der DGB Jugend hatte die Gruppe Freimut an der FSU in Jena im Mai 2015 eine Podiumsdiskussion mit dem AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Möller organisiert und bezeichnete die Kritik an der Veranstaltung durch den StuRa und andere Gruppen als „Zensur und Gesinnungsdiktatur“. An den Universitäten bedienen sich AfD-nahe Akteur*innen also auch einer Art Tarnstrategie mit einer anderen Namensgebung.
Programmatik
Die AfD-Hochschulgruppen haben nicht das Ziel, sich sachpolitisch in die Hochschul-Politik einzubringen. Vielmehr begreifen sie den Campus als ideologisches Kampffeld und Rekrutierungsraum. Die Campus Alternative wähnt sich im Kampf gegen eine angebliche linke Hegemonie an den Hochschulen. Diese wird für sie durch die Studierendenräte bzw. Studierendenparlamente und Allgemeine Studierendenausschüsse (AStA) repräsentiert, in welchen linke Hochschulgruppen oft die Mehrheit stellen.
Die CA Berlin klagt am 19.12.2018 auf ihrer Facebook-Seite: „Schon allzu lange mussten wir die Umtriebe linker Ideologen an den Berliner Universitäten hinnehmen. Seit einem halben Jahrhundert haben wir die linke Dominanz und deren Handlungen akzeptiert“. Indem die Gruppe auf ihrer Website als zentrale Forderungen die „Transparenz des Astas“, die „Rückkehr zur Vernunft“ und die „Freiheit der Wissenschaft“ aufführt, inszeniert sie sich als angebliche Retterin demokratischer Freiheiten, welche von linken Gruppen zersetzt würden. Damit gerieren sie sich ähnlich wie die AfD als Opfer, wollen die Diskursmacht erlangen und die demokratische Meinungsbildung nach rechts polarisieren.
Auch die Campus Alternative Passau inszeniert sich als Opfer „frustrierter Linksextremisten“ durch welche christliche Hochschulgruppen, Polizei, Sicherheitsdienst und die Rechtsabteilung der Uni belastet würden. Sie sehen sich demgegenüber als Verfechter „demokratischer Grundrechte“ und kämpfen „gegen politische Korrektheit auf dem Campus“. Die CA versucht linke Studierendenvertretungen und Hochschulgruppen zu delegitimieren und sich die sogenannte kulturelle Hegemonie an den Universitäten zurückzuholen. Die Positionierungen der Campus Alternativen gleichen damit den gängigen Feindbildern der Neuen Rechten, welche sich aus der vermeintlichen Indoktrination des studentischen Milieus durch „Alt-68er“, der Diskussion von ihnen widerstrebenden Themen und Perspektiven im Hochschulkontext und einer angeblich alles bestimmenden linken Atmosphäre bzw. Vormachtstellung einer kleinen aber dominanten intellektuellen linken Elite ergeben.
Zudem führen die Gruppen einen Kampf gegen Feminismus und Gleichstellung und behaupten, dass studentische Gelder für entsprechende Projekte verschwendet würden. Im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Bereichen ist Feminismus tatsächlich an den Hochschulen tiefer verankert. Es existieren Programme zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft, teilweise gibt es Lehrstühle für Gender Studies oder interdisziplinäre Lehrveranstaltungen zum Thema. In Studierendenparlamenten werden nach Geschlecht quotierte Redelisten geführt, Frauen-, Feminismus- oder Queer-Referate betrieben und es wird Wert auf geschlechtergerechte Sprache gelegt. Die CA-Gruppen sehen damit die Meinungsfreiheit bedroht, weil sie ihre patriarchale und rechte Ideologie nicht unwidersprochen artikulieren dürfen und agitieren dementsprechend gegen Gleichstellungspolitik an den Hochschulen. Die CA Berlin forderte die Abschaffung des Studiengangs Genderwissenschaften an der HU und bezichtige diesen einer „unwissenschaftlichen Arbeitsweise“. Beim ersten öffentlichen Treffen der CA Passau am 19.11.2019 kündigte deren Vorsitzender an, einen Vortrag zu organisieren, welcher den Themenbereich „Genderwahn“ zum Inhalt haben solle.
In München wurde zeitweise auch das Thema Wohnungsnot diskutiert – verbunden mit rassistischen Argumentationen. Andreas Winhart, Mitbegründer der Campus Alternative in Bayern und heutiger AfD-Landtagsabgeordneter, behauptete „die Wohnsituation in den Studentenstädten wird sich durch Migration verschärfen“ und dass „die Flüchtlinge (…) ja nicht in Massenunterkünften bleiben“ würden.
Insgesamt positionieren sich die Gruppen deutlich rassistisch und nationalistisch. Die CA in Düsseldorf forderte eine Deutschlandfahne auf dem Campus und behauptete, dass „wir wieder mehr Patriotismus in Deutschland brauchen“. Die ideologische Verortung der AfD-nahen Gruppen spiegeln sich auch in den Aussagen der Münchner Funktionäre in einem Interview mit dem BR-Magazin Puls vom 12.05.2016 über den Umgang mit dem Islam und die Geflüchteten-Politik wider. Die Funktionäre warnen vor einer angeblichen Islamisierung Deutschlands und treten dafür ein, dass Heimatverbundenheit und Patriotismus „wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden“. In ihrem Wahlprogramm 2016 erklärt die Kasseler JA-Hochschulgruppe man wolle den Studierenden „historische Ereignisse und Personen in der deutschen Geschichte“ näherbringen und ihnen ein „patriotisches Wertebild“ vermitteln. Auch die Mitglieder in Passau verstehen sich als „patriotische Studenten der Universität Passau“.
Ihre Aktionen gleichen außerdem denen der Identitären Bewegung (IB). Im Mai 2016 bekleidete die Gruppe in Düsseldorf die Statue des Dichters Heinrich Heine mit einer Burka und einem Schild mit der Aufschrift „Bildungsbombe“, um auf das, so ihr Vertreter David Eckert, „Bildungsdefizit bei Muslimen“ hinzuweisen, welches eine „tickende Zeitbombe“ sei, da es eine „Verrohung des Geistes und damit Gewaltbereitschaft“ fördere. Diese Form von Aktionismus erinnert an die rassistischen und völkisch-nationalistischen öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Identitäre Bewegung. „Nur wenn wir unsere Aktionen als Eyecatcher inszenieren, entfachen wir eine Debatte“, gibt so auch Eckert als Ziel aus. Dass die Aktion an die IB erinnert, liegt auch daran, dass mit John David Haase ein Gründungsmitglied der „Identitären“ Teil der Hochschulgruppe ist. Auch in Halle startete die CA eine Online-Kampagne ganz im Stil des für die IB typischen Online-Aktivismus: Mit der Facebook-Seite #notmystura und dafür konzipierten Share-Pics, fuhr die Gruppe eine Kampagne gegen den Studierendenrat.
Personelle Besetzung
Die Personalien der CA Hochschulgruppen, der AfD und JA überlappen sich meistens, obwohl alle drei formell getrennte Organisationen sind. So war Lars Steinke, Gründer der CA in Göttingen auch JA-Vorsitzender im Bezirk Braunschweig, Landesvorsitzender der JA Niedersachsen und Mitarbeiter der niedersächsischen AfD-Landtagsfraktion. Der Gründer der JA-Hochschulgruppe in Düsseldorf, David Eckert, war auch Vorsitzender der JA in Berlin. Tobias Lipski, Mitbegründer der CA Passau, ist stellvertretender Vorsitzender der JA Ostbayern.
Die Campus Alternativen sind sowohl personell als auch ideologisch eng mit weiteren extrem rechten Akteuren verbunden. Es gibt personelle Überschneidungen mit der Identitären Bewegung (IB), wie sich beispielsweise an dem bereits genannten David Eckert in Düsseldorf oder an Hannah-Tabea Rößler in Halle zeigt. Rößler ist die Mitgründerin des „Flamberg e. V“, dem Verein, der das Haus der IB in Halle betrieb, bevor es im Mai 2020 scheiterte. Sie trat außerdem 2019 als Kandidatin für die AfD in der Stadtratswahl in Halle an.
Auch Ann-Katrin Magnitz ist ein Beispiel für weitere Verstrickungen in die extrem rechte Szene. Sie ist die Tochter des Bremer AfD-Funktionärs Frank Magnitz, der enge Beziehungen zum Höcke-Flügel der Partei pflegt. Sie ist die Mitgründerin der Jungen Alternative Hochschulgruppe (JA-HSG) in Kassel und nahm 2018 an der pseudo-feministischen Kampagne „120 db“ der IB teil und unterstützte zusammen mit ihrem Vater Aktionen der IB in Bremen. Seit Mitte 2018 ist sie kooptiertes Mitglied des Landesvorstands der AfD Bremen.
Die Campus Alternative in Berlin wurde durch Studierende der FU gegründet, die auch Mitglied der Jungen Alternative Berlin sind. Die JA Berlin hat Verbindungen zur Identitären Bewegung sowie zur extrem rechten Burschenschaft Gothia. Die Gründung der Campus Alternative Berlin wurde durch den JA-Vorsitzenden David Eckert unterstützt, der auch die CA in Düsseldorf ins Leben gerufen hatte und in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische und antifeministische Positionen aufgefallen ist.
In Passau wurde die CA überwiegend aus Reihen der extrem rechten Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf gestellt. Die Markomannia selbst hat keinen Status an der Universität Passau, da ihr Antrag auf Zulassung als Hochschulgruppe von der Unileitung mit Verweis auf ihre ideologische Verortung abgelehnt wurde. In Passau kann also der Versuch, eine AfD-nahe Hochschulgruppe zu gründen, als Versuch verstanden werden, primär Mitglieder für die Burschenschaft zu rekrutieren und dieser einen öffentlichen Raum an der Uni zu schaffen – weniger als parteipolitisches Vorhaben an der Hochschulpolitik teilzunehmen. Cemal Bozoğlu, Landtagsabgeordneter der Grünen erklärte demensprechend die Beobachtung der Burschenschaft durch das Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz folgendermaßen: „Die Markomannia operiert ganz offen an der Schnittstelle zwischen Teilen der AfD und Junger Alternative, der Identitären Bewegung, dem rechten Hooligan-Milieu und der offenen Neonazi-Szene (…) Die Räume der Burschenschaften sind sozusagen Schaltzentralen der rechtsextremistischen Szene in Niederbayern und darüber hinaus“. Das zeigt sich deutlich an der Person Tobias Lipski. Er ist einer der Gründungsmitglieder der HSG und Burschenschafter der Markomannia. Lipski ist nicht nur AfD-Jungpolitiker, er ist stellvertretender Vorsitzender der JA Ostbayern und hat Kontakte zur Identitären Bewegung: Lipski besuchte unter anderem IB-Stammtische in München-Trudering und soll sogar selbst Vorträge zum Umgang mit Verfassungsschutz und Polizei für die IB gehalten haben, zum Beispiel auf dem Haus der Burschenschaft Danubia (München) vor IB-Funktionären. Er steht auch im Verdacht im Jahr 2017 einen Anschlag auf die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vorbereitet zu haben. Lipski war Offiziersanwärter an der Universität der Bundeswehr in München, wurde aber am 24. Mai 2017 aus den Streitkräften entlassen, weil vermutet wurde er habe „womöglich etwas Größeres“ geplant und „verbotenerweise schwere Waffen gehortet“. Auch Alexander S. tritt als Galionsfigur der rechtsextremen Burschenschaft Markomannia auf und leistet für die völkisch-nationalistische Studentenverbindung Rekrutierungsarbeit im Milieu Passauer Studierender. Er war in seiner Jugend Mitglied in der NPD, später Mitgründer der AfD und der „Jungen Alternative“ Brandenburg und enger Mitarbeiter des extrem rechten Funktionärs Andreas Kalbitz, auch zur Identitären Bewegung und anderen extrem rechten Organisationen bestehen Kontakte.
Auch in Düsseldorf gibt es deutliche Verstrickungen zwischen der Studierendengruppe und extrem rechten Burschenschaftern. Am 16. Mai 2016 traf sich die AfD-Hochschulgruppe an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zum Grillen auf der Veranda des Hauses der extrem rechten Burschenschaft „Rhenania Salingia zu Düsseldorf“.
Bundesweit lässt sich sagen, dass nach der Auflösung der CA-Gruppen die Mitglieder meist zur AfD Stadt-, Landes- oder Bundespolitik übergegangen sind, wie beispielsweise David Eckert, der für die AfD in der Landtagswahl in Düsseldorf kandidierte und später in Berlin Vorsitzender der JA wurde, Andreas Winhart, der jetzt im Bayerischen Landtag sitzt, oder die bereits genannte Ann-Katrin Magnitz. Die CA-Gruppen können somit als Vorstufe für Funktionär*innen der AfD gelten, denn das hochschulpolitische Engagement bringt Erfahrungen in Wahlkampf, Öffentlichkeitsarbeit, Bürokratie und Parlamentarismus. Damit fungiert die Hochschulpolitik als Zwischenschritt vom studentischen Verbindungsmilieu in die Parteipolitik und macht die AfD-Gruppen auch für Burschenschafter attraktiv.
Klappt der Einstieg in die Parteipolitik nach der Auflösung der Studierenden-Gruppen nicht, konzentrieren sich einige wieder auf ihre Burschenschaften und das Engagement in diesen. In Passau erlangte nach Auflösung der CA die pennale Burschenschaft Normannia Winterberg wieder größere Relevanz. Sie hat sich aus den Gründungsmitgliedern der CA und somit auch aus den Mitgliedern der „akademischen Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf“ neu aufgestellt. Die Fusion der studentischen Verbindung mit der ideologisch ähnlich aufgestellten Schülerschaft kann als neues Ausweichmanöver für Mitglieder der Markomannia Wien interpretiert werden. Seit die Markomannia als „rechtsextremistisch“ eingeordnet wird und vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz seit Herbst 2019 beobachtet wird, bietet der Eintritt in die Normannia Winterberg die Möglichkeit des weiteren Verbleibs im burschenschaftlichen Netz rundum die akademische Burschenschaft Markomannia Wien.
In München war die CA durchmischter, ihr Personal gehörte keiner einheitlichen deutschnationalen Gruppierung an. Christian Schumacher leitete nach eigenen Aussagen die Gruppe und schreibt für die Blaue Narzisse und das Wirtschaftsmagazin der Neuen Rechten „Recherche D“. Er studierte seit dem Wintersemester 2015/16 Geschichte und Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Schumacher ist ursprünglich aus Stuttgart und 2014 nach München gezogen. Sein Bruder Andreas Schumacher steht bereits für die AfD in der Öffentlichkeit: Er kandidierte für die AfD bei der Stadtratswahl in Freiburg. Er ist zudem Mitglied in der extrem rechten Burschenschaft Saxo-Silesia. Für Christian Schumacher kann das Projekt Campus Alternative als Karriere-Sprungbrett in die AfD gesehen werden: Er arbeitet jetzt für den AfD–Landtagsabgeordneten Johannes Huber.
Maximilian M., auch ein Gründungsmitglied der Münchner CA, kommt hingegen aus dem Verbindungsmilieu und war ursprünglich in der Jungen Union. Laut einem TV-Beitrag des Bayerischen Rundfunks vom Mai 2016 war M. auch Vorsitzender der JA Oberbayern. Zusammen mit dem AfD-Mitglied Andreas Winhart war er Teil der Schülerverbindung Absolvia Rosenheim.* Er ist außerdem Mitglied der Corps Pomerania-Silesia in Bayreuth.
David W., Student der BWL an der TU, war außer in der CA in keiner Gruppe aktiv, allerdings weist er sich in seinem Facebook Profil als Pegida-, AfD- und Anhänger der Band Frei.Wild aus. Er sollte die CA an der Technischen Universität München vertreten. Christoph Steier, ebenfalls BWL-Student und außerdem JA- und CA-Funktionär, strebte ursprünglich eine AfD-Karriere an. Er war zwischenzeitlich sogar AfD-Ortsvorsitzender in Dachau, ist 2019 allerdings aus der Partei ausgetreten.
*Angaben der Absolvia Rosenheim zufolge ist Andreas Winhart seit dem 18.10.2018 nicht mehr Mitglied der Schülerverbindung.
Widerstand und Proteste an Hochschulen drängen die Campus Alternative zur Auflösung
In einem Kommentar auf Instagram vom 11.12.2019 erklärt die JA NRW: „Hochschulpolitik ist ein derart linkes Umfeld, dass sich jeder Konservative dort komplett verbrennt — am Ende steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen. Lieber sollte man Zeit und Kraft in JA und AfD stecken.“
Tatsächlich kann das Scheitern der Campus Alternative auf die universitären Strukturen und die Proteste von Studierenden zurückgeführt werden. In Städten wie Halle, Passau oder Frankfurt formierten sich schnell Gegenkampagnen und antifaschistischer Widerstand an den Universitäten. In Halle deckte die Kampagne Kickthemout bald die Strukturen hinter der Hochschulgruppe auf. In Passau agierten die von Studierenden organisierte Gegen-Kampagne CAnceln und damit verbundene Gegen-Proteste erfolgreich und waren ein entscheidender Faktor für die Auflösung der Gruppe. Doch nicht nur der aktive Protest der Studierenden macht den Gruppen ihr Bestehen schwer, auch die institutionellen Strukturen der Universität selbst: In Passau, München und Frankfurt verhinderte die Universitätsleitung, jedenfalls zeitweise, die Gründung der CA und nahm damit die Bedrohung einer extrem rechten Hochschulgruppe für die demokratische Bildungsinstitution ernst. An der Goethe-Universität Frankfurt startete der Senat im Februar 2019, nach vermehrtem öffentlichem Auftreten der JA und der IB an der Uni, ein „umfassendes Konzept gegen Menschenfeindlichkeit und extreme Rechte am Campus“ mit einem Handlungsleitfaden und einer Meldestelle für rechtsextreme Vorfälle.
Der CAler Christian Schumacher in München erklärt das Ende seiner Gruppe mit dem „medialen Wirbel“, der von Anfang an die Gründung der CA begleitet hätte und die Handlungen der Studierendenvertretung, welche der Gruppe den Hochschulgruppenstatus entziehen konnte.
Eine Analyse von Sara Entzberg im Magazin Der Rechte Rand führt das Scheitern der Gruppen auch auf das Fehlen eines übergreifenden Dachverbandes und somit fester Leitsätze und Führungspersonen zurück. Burschenschaften hingegen verfügen über beides, und treten nicht parteipolitisch auf. Dadurch genießen ihre Mitglieder einen höheren Schutz vor Kritik als die Gründer*innen der AfD-nahen Gruppen, die sich oft nicht einmal auf ihre Partei verlassen können. So scheint es auch zu Konflikten zwischen der Mutterpartei und ihrem Nachwuchs zu kommen, da dieser sich meist offener extrem rechts positioniert. Die Aktionen von Lars Steinke in Göttingen sorgten beispielsweise für Streit mit der Partei. Steinke organisierte Treffen, bei denen Sprecher der Identitären Bewegung auftreten sollten. Auch meldete er Mahnwachen der neonazistischen Gruppe „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ im Göttinger Umland an, was dazu führte, dass der Göttinger Kreisverband, ein Ordnungsverfahren startete, um Steinke aus der Partei auszuschließen.
Ähnlich wurden auch IB-ähnliche Aktionen der Hochschulgruppe in Düsseldorf bewertet. Die Propagandaaktion gegen die Heinrich-Heine-Statue der CA in Düsseldorf kam bei der AfD weniger gut an, denn kurz darauf verkündete die Gruppe eine Umbenennung von „AfD an der HHU“ in „Campus Alternative Düsseldorf“. Dazu erklärten sie, dieser Schritt wurde unternommen, um „für unsere teilweise durchaus provokanten Aktionen nicht die gesamte AfD in Mithaftung [zu] nehmen“.
Auch in Passau führten die personellen Überschneidungen von Campus Alternative und der vom Verfassungsschutz beobachteten Markomannia zu öffentlichem Aufsehen und Kritik.
Fazit
Auch wenn die CA ein Sammelbecken verschiedener extrem rechter Akteur*innen an den Hochschulen ist, so sind die Gruppen meist nur kurz und mit wenigen Mitgliedern zum Vorschein getreten. Die Rekrutierung von neuen Anhänger*innen für die AfD ist vorerst in der Fläche gescheitert. Die Gründungsmitglieder der AfD-nahen Gruppen waren meist zuvor schon in der Jugendorganisation der Partei (JA) aktiv und insgesamt sind die Gruppen nie nennenswert gewachsen oder standhaft geblieben. Zu groß sind die Proteste von Studierenden und zu ineffizient ist ihre Tarnung als demokratische und freiheitliche hochschulpolitische Gruppe. So auch in München, wo es seit 2017 still um die AfD-Hochschulgruppe geworden ist. An der Gruppe in München und dem Werdegang des CA-Gründungsmitglied Christian Schumacher zeigt sich dennoch, wie die Studierendengruppe als politisches Karriere-Sprungbrett in die AfD funktioniert.
Nennenswert sind insgesamt die personellen sowie inhaltlichen Überschneidungen der CA-Gruppen mit den autoritären Bestrebungen extrem rechter Burschenschafter, vor allem jener, die wie die bereits genannte Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf in Passau, Teil des Verbands Deutsche Burschenschaft (DB) sind. Die Burschenschaften der DB zeigen sich erfolgreicher bei der Verbreitung extrem rechter Positionen an den Universitäten und bei der Rekrutierung von Akteur*innen und spielen somit auch für die AfD eine große Rolle – selbst wenn sie nicht unter dem Label der CA auftreten.