Auffangbecken für die Kameradschaftsszene Bayerns
Die neonazistische Partei „Der Dritte Weg“ wurde im September 2013 von dem ehemaligen rheinland-pfälzischen NPD- Funktionär Klaus Armstroff in Heidelberg gegründet. Die Zusammenarbeit und personellen Überschneidungen mit dem „Freien Netz Süd“ (FNS), der bis dahin wichtigsten Dachstruktur der neonazistischen Kameradschaftsszene Bayerns, wurden erstmals sichtbar bei einer Demonstration in Wunsiedel im November 2013, als FNS-Aktivist_innen mit einem Transparent der neuen Partei aufmarschierten. Etliche Internetseiten des FNS-Spektrums übernahmen immer häufiger Texte der Partei „Der Dritte Weg“, bevor sie dann, noch vor dem Verbot des FNS im Juli 2014, nach und nach abgeschaltet wurden.
Das „Freie Netz Süd“ (FNS) wurde als Nachfolgeorganisation der 2004 verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ (FAF) ebenfalls verboten. Eine Immobilie in Oberfranken und darin gelagertes Material des Neonaziversandhandels „Final Resistance“ wurden beschlagnahmt. Allerdings hatte es seit einer Razzia im Sommer 2013 ein Jahr gedauert bis, so die Behörden, genügend Material ausgewertet war, um ein Verbot der Organisation auszusprechen. Die Szene hatte also genügend Zeit sich vorzubereiten. Die wichtigsten FNS-Kader hatten sich schon längst in der neonazistischen Partei „Der Dritte Weg“ organisiert.
Die personelle Kontinuität wurde auch bei einer Aktion im Februar 2015 in München-Giesing überdeutlich. Die Kundgebung des „Dritten Wegs“ unter dem Motto „Schluss mit dem Völkermord an uns Deutschen“ hatte ein langjähriger FNS-Kader angemeldet. Auch der Versammlungsleiter war ein FNS-Aktivist ebenso die Redner der Kundgebung, unter ihnen der verurteilte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger (ehemals Kameradschaft München-Nord/FNS).
Die Partei hat bislang keine Landesverbände und auch keine Orts- oder Kreisverbände. Es wurden aber in Bayern sechs so genannte Stützpunkte gegründet, z. B. in Oberfranken, Nürnberg/Fürth und München/Oberbayern, also in Regionen in denen auch das FNS sehr aktiv war.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Die zehn Ziele im extrem knapp gehaltenen Parteiprogramm des „Dritten Wegs“ erinnern an eine komprimierte Version der 25-Punkte der NSDAP. Unter anderem mit den Forderungen nach einer „raumgebundenen Volkswirtschaft“ mit Verstaatlichung sämtlicher Schlüsselindustrien, Betrieben der allgemeinen Daseinsfürsorge, Banken, Versicherungen sowie aller Großbetriebe und „Wiedereinführung der Todesstrafe“ tauchen auch Inhalte von damals wieder auf. Zu diesem „Deutschen Sozialismus“ kommen querfrontlerische Töne („Austritt Deutschlands aus der NATO“) sowie die völkische Forderung nach „Förderung von kinderreichen Familien zur Abwendung des drohenden Volkstodes“ und „Erhaltung und Entwicklung der biologischen Substanz des Volkes“ sowie die „Wiederherstellung Gesamtdeutschlands in seinen völkerrechtlichen Grenzen“.
Inhaltliche und personelle Kontinuitäten
Neben dem Aufbau einer „wahlpolitischen Alternative“ und Politik „auf der Straße“ will sich der „Dritte Weg“ auch „kulturell betätigen“ sowie „systemalternative Angebote der Freizeitgestaltung“ anbieten. Das heißt mit anderen Worten: all die „Freizeitaktivitäten“ neonazistischer Kameradschaften (Rechtsrock-Konzertbesuche, Wanderungen usw.) werden nun unter dem neuen Deckmantel der Partei durchgeführt.
Inhaltlich widmet sich die Partei Themen, die auch schwerpunktmäßig den Aktivitäten des „Freien Netz Süd“ entsprachen: so etwa Hetze und Aktionen gegen Asylsuchende und deren Unterkünfte. Im Internet veröffentlicht der „Dritte Weg“ eine Deutschlandkarte mit den Adressen von Geflüchtetenunterkünften und bietet einen Leitfaden zur Verhinderung selbiger in der Nachbarschaft zum Download an. Immer wieder gibt es Flugblattverteilaktionen und Kundgebungen gegen Flüchtlinge in bayerischen Kommunen. Die Regionen in denen der „Dritte Weg“ dabei aktiv ist, decken sich auffallend mit dem Wirkungsbereich des FNS.
Von 2009 bis 2014 waren FNS-Aktivist_innen maßgeblich an der Organisierung von Aufmärschen in Bayern bzw. im süddeutschen Raum zum 1. Mai beteiligt. Die letzten drei Jahre fanden diese in Südthüringen bzw. Südsachsen nahe der bayerischen Landesgrenze statt. Für 2017 rief der „Dritte Weg“ zu einem „Arbeiterkampftag“ unter dem Motto „Kapitalismus zerschlagen. Für Familie, Heimat, Tradition“ im thüringischen Gera auf. Als Redner des „Dritten Wegs“ wurden dabei auch einige Kader der früheren FNS-Struktur angekündigt.
„Der Dritte Weg“ hat zahlreiche internationale Kontakte zu anderen neonazistischen Organisationen, so z. B. nach Griechenland und Ungarn. In München nimmt der „Dritte Weg“ inzwischen häufig an Kundgebungen und
Demonstration von PEGIDA-München teil und stellt dort Redner.
Die Partei „Der Dritte Weg“ bezeichnet sich selbst als „national, revolutionär und sozialistisch“. Programmatik, Auftreten, Aktionen sind deutlich radikaler als beispielsweise bei der NPD. Damit stellt sie für die militante Neonaziszene Bayerns eine attraktive Alternative zur bislang überwiegend parteiungebundenen Organisierung dar.
Mit der Partei „Der Dritte Weg“ versucht nun neben der Partei „Die Rechte“ eine zweite neonazistische Organisation unter Ausnutzung des Parteienprivilegs in Bayern Fuß zu fassen. Größere Wahlerfolge werden sich beide auf Grund ihrer inhaltlichen und praktizierten Radikalität nicht erhoffen. Die Hinwendung zur Parteipolitik ist insofern im Wesentlichen als strategischer Schachzug zu sehen. Denn der Status als Partei bietet immense praktische Vorteile z. B. bei der Anmeldung von Demonstrationen, Konzerten und anderen Veranstaltungen. Beide Gruppierungen stehen in Konkurrenz zur weiter schwächelnden bayerischen NPD, beide richten sich vornehmlich an die Kameradschaftsszene und das unorganisierte neonazistische subkulturelle Milieu.
Aufklärungsarbeit und Protestaktionen der Zivilgesellschaft gegen diese Gruppierungen sind richtig und wichtig. Doch genauso sind die staatlichen Behörden dazu anzuhalten bei der „Rechten“ wie beim „Dritten Weg“ den Parteienstatus zu überprüfen und rechtzeitig, nicht erst nach Jahren des Zusehens und der Untätigkeit, repressive Maßnahmen zu ergreifen, bevor sich diese Sammelbecken militanter Neonazis zu juristisch schwer angreifbaren Strukturen ausgebildet haben. Gerade beim „Dritten Weg“ gilt es den Ausbau der Partei als Ersatzstruktur für das verbotene „Freie Netz Süd“ zu verhindern.